Dem Jüdischen Friedhof bei Heinsheim haben zeitweise bis zu 25 jüdische Gemeinden angehört. Er bildet den geografischen Mittelpunkt eines Einzugsgebietes, dessen Radius ca. 25 km beträgt. Bild: Peter Winkler

Der jüdische Friedhof in Heinsheim bei Bad Rappenau ist ein eindrucksvolles Zeugnis der jahrhundertealten jüdischen Geschichte in Südwestdeutschland. Mitten in der Natur, am Waldrand gelegen, erzählt dieser Ort vom Leben, der Trauer und der Kultur der jüdischen Gemeinschaft, die hier ihre letzte Ruhe fand. Begleite mich auf einer Reise durch die Vergangenheit, die tief berührt und zum Nachdenken anregt.

Vor einiger Zeit haben wir als Familie an einer Führung teilgenommen, die mich zutiefst berührt hat. Der Ort, den wir besuchten, war der jüdische Friedhof in Heinsheim bei Bad Rappenau. Ein Ort, der Geschichte atmet und von einer tiefen Stille umgeben ist – und gleichzeitig so viel erzählt über das Leben und das Leid der jüdischen Gemeinschaft in unserer Region.

Der jüdische Friedhof in Heinsheim gehört zu den größten jüdischen Friedhöfen in Südwestdeutschland und ist ein eindrucksvolles Zeugnis jüdischer Kultur, die hier seit Jahrhunderten Bestand hatte. Mit 1.137 Grabsteinen, die sich am Waldrand im Gewann Schlierbach befinden, stellt der Friedhof eine der wichtigsten jüdischen Begräbnisstätten dar. Seit dem 16. Jahrhundert wurden hier Juden aus Heinsheim und bis zu 25 umliegenden Gemeinden beigesetzt. Der Friedhof wuchs über die Jahrhunderte stetig an und umfasst heute eine Fläche von 10.764 Quadratmetern. Diese Dimensionen zeigen, wie bedeutend dieser Ort für die jüdischen Gemeinden der Umgebung gewesen sein muss.

Der Friedhof liegt etwas abgelegen, eingerahmt von Wald und strahlt eine besondere Ruhe aus. Der Spaziergang durch die Reihen der Grabsteine – viele von ihnen aus regionalem Keupersandstein gefertigt und mit einer reichen Symbolik versehen – fühlte sich fast wie eine Reise in die Vergangenheit an. Die Grabsteine aus der Zeit des Barock zeigen eine beeindruckende Vielfalt an Symbolen: von der Hand Gottes über Schabbatleuchter und Schabbatbrote bis hin zu Engelsflügeln, Herzen und Sanduhren. Diese Symbole erzählen vom Leben der Menschen, ihren Hoffnungen, ihrem Glauben und ihrer Trauer. Besonders berührt hat mich ein Stein, auf dem ein aufgeschlagenes Buch zu sehen war – ein Sinnbild für das Wissen und die Weisheit, das in den Menschen lebte, das durch den Nationalsozialismus völlig vernichtet wurde.

Die Geschichte des Friedhofs ist geprägt von den politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen der vergangenen Jahrhunderte. Die jüdische Gemeinde in Heinsheim war nicht groß, doch sie war ein wesentlicher Bestandteil der Dorfgemeinschaft. Anfang des 19. Jahrhunderts überstieg die Zahl der hier lebenden Juden erstmals die Marke von 100 Personen. Doch im Laufe der Zeit nahm die Gemeinde stetig ab, bis sie sich 1937 mangels Mitgliedern selbst auflöste. Die Synagoge, die im Ort stand, wurde verkauft und so vor der Zerstörung durch die Nationalsozialisten bewahrt. Bis heute steht sie als ein lebendiges Zeugnis der jüdischen Geschichte in Heinsheim.

Jüdischer Friedhof Heinsheim: Ein Zeugnis des jüdischen Lebens in der Region
Von mutwilliger gewaltsamer Schändung und Zerstörung etlicher Grabstellen berichtet der Zeitzeuge Hermann Bach, dessen Vater zu jener Zeit Pfarrer in Heinsheim war. An einigen Grabsteinen kann man die Spuren erkennen. Bild: Peter Winkler

Während der Zeit des Nationalsozialismus war auch der jüdische Friedhof in Heinsheim bedroht. 1944 wurde sogar ein Kaufvertrag abgeschlossen, um das Land zu erwerben und für landwirtschaftliche Zwecke zu nutzen. Doch es ist bemerkenswert, dass kein Bürger von Heinsheim bereit war, Hand an die Gräber zu legen – nicht einmal das schmiedeeiserne Tor wurde für Rüstungszwecke entfernt, obwohl es befohlen worden war. Es scheint, als hätten sich die Bewohner Heinsheims damals gegen diesen Vandalismus gewehrt, vielleicht ein stiller Protest in einer Zeit der Unmenschlichkeit. Dennoch wurden während der NS-Zeit Grabsteine umgeworfen. Nach Kriegsende mussten aktive NS-Unterstützer aus der Umgebung die umgestürzten Steine wieder aufrichten – ein Zeichen dafür, dass die Geschichte und die Spuren des Unrechts zumindest ein Stück weit wiederhergestellt wurden.

In den 1950er Jahren wurde der Friedhof von Gestrüpp befreit und Waldbäume gepflanzt. Heute hat der Friedhof einen fast parkähnlichen Charakter. Die Grabstätten sind eingebettet in eine natürliche Umgebung, was dem Ort eine besondere Atmosphäre verleiht. Die Stille, die diesen Platz umgibt, und die Geschichte, die hier in Stein gemeißelt ist, laden dazu ein, innezuhalten und zu reflektieren – über die Vergangenheit, das Leben und die Bedeutung von Erinnerung.

Jüdischer Friedhof Heinsheim: Ein Zeugnis des jüdischen Lebens in der Region
In Heinsheim bestand bis 1937 eine jüdische Gemeinde, deren Entstehung in das 16. Jahrhundert zurückgeht. Bild: Peter Winkler

Der jüdische Friedhof in Heinsheim erzählt uns viel über das Leben der jüdischen Gemeinschaft in dieser Region. Die Menschen, die hier begraben liegen, sind Teil unserer Geschichte. Ihr Leben, ihre Traditionen und ihr Glauben gehörten zum Alltag in Heinsheim. Der Friedhof erinnert uns auch an das Unrecht, das ihnen widerfahren ist, und an die Zerstörung jüdischen Lebens während der Zeit des Nationalsozialismus. Doch er ist auch ein Zeichen des Überlebens, der Widerstandskraft und des Erinnerns.

Öffentliche Führungen zum und über den Jüdischen Friedhof werden von der Bad Rappenauer Touristikbetrieb GmbH in regelmäßigen Abstand angeboten. Über sie können auch Gruppenführungen gebucht werden. Kontakt: Tel. 07264/922-391; E-Mail gaesteinfo@badrappenau.de

www.synagoge-heinsheim.de

Für mich war der Besuch des jüdischen Friedhofs in Heinsheim eine tiefgehende Erfahrung. Es war ein Ort der Trauer, aber auch ein Ort des Trostes. Ein Ort, der uns daran erinnert, dass das Leben kostbar ist und dass wir die Geschichten derer, die vor uns waren, bewahren müssen. Dieser Friedhof ist mehr als nur eine Begräbnisstätte – er ist ein Ort der Geschichte, der uns lehrt, nie zu vergessen.

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Von Peter Winkler

Peter Winkler ist Aquaponiker, Coach und Blogger. Sein theologisches Studium war die Basis für eine langjährige Tätigkeit in der sozialen Arbeit. Seit 2012 beschäftigt er sich mit der Aquaponik. Durch seine Expertise entstanden mehrere Produktionsanlagen im In.- und Ausland. Mit dem Blog "Schimons Welt" möchte er die Themen teilen, die ihn bewegen und damit einen Beitrag für eine bessere Welt leisten.

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