
Eier in Senfsoße – ein einfaches Gericht mit einem Blick ins Judentum
Manchmal sind es die einfachsten Gerichte, die die tiefsten Erinnerungen wecken. Eier in Senfsoße mit Kartoffeln zum Beispiel. Das war bei uns zu Hause so ein Klassiker. Schnell gemacht, wärmend, sättigend und irgendwie vertraut. Meine Oma konnte wunderbar kochen. Auch meine Mutter hat mit viel Liebe einfache Gerichte auf den Tisch gebracht. Sie waren beide keine Jüdinnen. Erst wir – Dany und ich – haben uns Stück für Stück dem Judentum angenähert. Heute leben wir jüdisch. Wir sind zum Judentum konvertiert und lernen bis heute, was es bedeutet, koscher zu kochen und zu leben.
Als ich das Gericht neulich wieder gekocht habe, ist mir etwas aufgefallen, was ich früher nie beachtet hatte: Die Art, wie im Judentum mit Eiern umgegangen wird.
Ich bin ja kein Rabbiner. Und ich will auch niemandem vorschreiben, wie er seine Eier zu kontrollieren hat. Aber es ist vielleicht spannend zu erfahren, dass im jüdischen Glauben jede Speise nicht nur nährt, sondern auch eine spirituelle Ebene hat. Selbst so etwas Alltägliches wie ein Ei. Bevor ein Ei in der koscheren Küche überhaupt verwendet wird, wird es sorgfältig geprüft. Warum? Weil in einem Ei ein kleiner Blutfleck stecken könnte. Und dieser Blutfleck macht das Ei unrein – also nicht mehr koscher.
Das hat mit der Vorstellung zu tun, dass jedes Ei potenziell Leben enthalten könnte. Wenn Blut zu sehen ist, könnte das bedeuten, dass sich ein Leben zu entwickeln begonnen hat. Und das darf laut Kaschrut-Gesetz nicht gegessen werden. Also schlagen fromme Juden jedes Ei einzeln auf – am besten in ein Glas oder eine durchsichtige Schüssel – und schauen es sich ganz genau an. Ohne Eile, ohne Ablenkung. Und wenn sie einen roten Punkt entdecken, wird das Ei komplett weggeworfen. Auch wenn es nur ein kleiner Tropfen ist. Diese Achtsamkeit hat mich berührt.
Ich habe darüber nachgedacht, was es bedeuten würde, wenn wir unsere Lebensmittel generell mit mehr Respekt behandeln würden. Wenn wir nicht einfach nur funktional kochen, sondern uns bei jedem Schritt fragen würden: Was tue ich da eigentlich gerade? Wem verdanke ich dieses Lebensmittel? Was steckt an Geschichte, Glauben, Segen darin?
Und genau so saß ich an diesem Tag in meiner Küche, hab die Eier aufgeschlagen, reingeschaut und mich erinnert. An meine Oma, die auch immer gekocht hat, ohne viel Aufhebens, aber mit Herz. An die alten Geschichten aus der jüdischen Gemeinde. Und an den Gedanken, dass es gut ist, wenn man manches nicht nur mechanisch macht, sondern bewusst. Auch wenn man selbst kein Jude ist.
Das Rezept ist übrigens simpel:
- Kartoffeln schälen, schneiden, in Salzwasser garen.
- Eier hart kochen, abschrecken, pellen.
- Eine helle Mehlschwitze mit Butter, Mehl und etwas Sud herstellen.
- Senf unterrühren, etwas Sahne oder Pflanzensahne dazu, salzen, pfeffern, nach Geschmack Zucker.
- Die Eier halbieren, in die Soße legen, einmal kurz ziehen lassen.
Mehr braucht es manchmal nicht.
Außer vielleicht ein bisschen Achtsamkeit.
Und wer mag: Noch ein kleiner Blick über den Tellerrand, in eine Welt, in der das Essen nicht nur satt machen soll, sondern auch die Seele berührt.

