Wenn das Leben zu viel wird: Eine Mutter schreibt mir einen bewegenden Brief
Ich saß gerade mit einer Tasse Kaffee am Schreibtisch, als ich die Mail von Susi geöffnet habe. Eine völlig unbekannte Frau, die mir offen von ihrem Alltag als alleinerziehende Mutter schreibt – müde, überfordert, suchend. Ihre Worte haben mich sofort erreicht. Sie klingen nicht verzweifelt im dramatischen Sinn, sondern ehrlich, durchdacht, kraftvoll – obwohl es gerade an Kraft mangelt. Ich habe gemerkt: Hier schreibt jemand, der schon viel durchdacht hat, aber im Moment einfach die Luft zum Atmen fehlt.
Ich musste nicht lange überlegen. Noch am Vormittag habe ich mich hingesetzt und ihr geantwortet. Jetzt warte ich – gespannt, ob und wann sie sich wieder meldet.
Susis Nachricht an mich
Betreff: Ich weiß nicht mehr weiter
Lieber Herr Winkler,
ich hoffe, Sie verzeihen mir, dass ich mich einfach so bei Ihnen melde. Aber ich habe Ihre Seite entdeckt – und irgendetwas in mir sagte: Schreib ihm.
Ich bin Susi, 43 Jahre alt, alleinerziehende Mutter von zwei Kindern (9 und 16 Jahre). Seit der Trennung von meinem Mann vor knapp zwei Jahren versuche ich, alles irgendwie zu stemmen: Kinder, Arbeit, Haushalt, Papierkram, Erziehung – und manchmal frage ich mich: Wo bleibe eigentlich ich?
Ich fühle mich oft wie in einem Hamsterrad. Ich stehe morgens auf, funktioniere, bin müde, erschöpft, überfordert – und abends liege ich dann wach, weil die Gedanken nicht aufhören wollen. Ich frage mich, ob das normal ist. Ob es anderen auch so geht. Und ob es irgendwann wieder leichter wird.
Ich will nicht jammern – wirklich nicht. Aber ich habe das Gefühl, dass ich mich langsam selbst verliere. Ich weiß nicht mehr, was mir gut tut, was ich will oder wo meine Kraftreserven überhaupt noch sind. Ich bin müde, Herr Winkler. Müde vom Starksein.
Ich wünsche mir jemanden, der mir zuhört, ohne mich zu bewerten. Der mir hilft, mich selbst wiederzufinden – ein bisschen wenigstens.
Darum schreibe ich Ihnen.
Herzliche Grüße
Susi
Meine Antwort an Susi
Betreff: Danke für Ihre Offenheit, Susi
Liebe Susi,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht und das Vertrauen, das Sie mir damit entgegenbringen. Es ist nicht selbstverständlich, sich mit so viel Offenheit jemandem anzuvertrauen – und ich weiß das sehr zu schätzen.
Beim Lesen Ihrer Zeilen hatte ich das Gefühl, dass Sie schon sehr lange stark sein müssen. Dass Sie viel geben, viel leisten – und dabei selbst kaum noch auftauchen. Es berührt mich, wie klar und ehrlich Sie Ihre Situation beschreiben. Vielleicht war das Schreiben selbst schon ein erster Schritt – hin zu sich selbst.
Gerne bin ich bereit, Sie ein Stück auf Ihrem Weg zu begleiten. Darf ich fragen: Was ist im Moment Ihre größte Herausforderung? Gibt es etwas, das Sie sich gerade besonders wünschen – vielleicht auch nur für einen Moment?
Ich freue mich, von Ihnen zu hören.
Herzliche Grüße
Schimon
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