
Zeit statt Zeug – Was wirklich bleibt
Es war ein ganz normaler Sonntag. Drei unserer Enkel waren bei uns, weil ihre Mama auf einer kleinen Feier war. Kein großes Event, kein besonderes Programm – einfach ein paar Stunden Familienzeit. Und irgendwann am Nachmittag stand mein Besuch bei meinen Eltern an. Sie sind hoch in den Jahren, und ich versuche, regelmäßig vorbeizuschauen. Ich fragte unseren ältesten Enkel, ob er Lust hätte mitzukommen. Er wollte.
Also sind wir losgefahren. Etwa 45 Minuten einfach. Zeit im Auto, zu zweit. Kein Ziel, das man abhaken muss, kein Geschenk im Kofferraum – nur wir zwei. Und während wir so unterwegs waren, haben wir uns über alles Mögliche unterhalten. Mal ernst, mal locker. Es war kein tiefsinniges Gespräch – aber es war echt. Offen. Nah.
Als wir bei meinen Eltern ankamen, hat mein Vater Geschichten erzählt. Vom Krieg. Von seiner Kindheit. Wie es früher war. Wie er Dinge erlebt hat, die für uns heute unvorstellbar sind. Ich habe beobachtet, wie mein Enkel zugehört hat. Still, aufmerksam. Und ich wusste: Dieser Moment ist kostbar.
Nicht, weil er geplant war. Sondern weil er einfach passiert ist. Und weil er geprägt hat. Nicht nur ihn – auch mich.
Begegnungen, die man nicht kaufen kann
In unserer Welt ist es oft einfacher, etwas zu kaufen, als Zeit zu schenken. Wir greifen schnell zu materiellen Dingen, weil sie greifbar sind. Ein Geschenk ist schnell gekauft. Eine Begegnung braucht etwas anderes: Präsenz. Aufmerksamkeit. Offenheit.
Doch am Ende erinnern wir uns nicht an das, was wir besessen haben – sondern an das, was wir gemeinsam erlebt haben.
Kein Spielzeug, kein Gutschein, kein noch so teures Geschenk kann eine echte gemeinsame Erfahrung ersetzen.
Ich glaube, dass Kinder solche Momente tief in sich speichern. Vielleicht erinnern sie sich später nicht mehr an den genauen Tag oder das Gespräch. Aber sie erinnern sich an das Gefühl: Da war jemand mit mir. Da war Zeit. Da war Nähe.
Und ich glaube auch, dass wir als Erwachsene oft unterschätzen, wie viel Kraft in genau diesen Begegnungen steckt. Nicht im Reden über große Themen, sondern im einfachen Zusammensein.
„Zeit statt Zeug“ ist kein Aufruf gegen Geschenke. Es ist eine Einladung, Prioritäten zu prüfen. Was wäre, wenn wir uns öfter fragen würden: Was braucht dieser Mensch gerade – meine Aufmerksamkeit oder ein Gegenstand?
Und was brauche ich selbst? Noch ein Gerät, noch ein Buch, noch ein Ding? Oder einfach einen Moment mit jemandem, der mich sieht?
Solche Fragen verändern etwas. Sie machen das Leben nicht spektakulärer – aber ehrlicher. Und sie öffnen den Raum für echte Verbindung.
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