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Episode 16 – Eine neue Heimat, ohne Sicherheit und voller Gefahren
Die Luft stand still an diesem Nachmittag in Limburg. Nebel zog in feinen Schleiern durch die Straßen, als sich die kleine Gruppe, erschöpft und entkräftet, vor der russischen Kommandantur versammelte. Schimon stand leicht abseits und beobachtete das Bild, das sich ihm bot: Herr Lontke mit entschlossener Miene, seine Frau Anna an seiner Seite, die Tochter Valli mit eingefallenen Wangen, daneben Emilie – seine Großmutter – mit gesenktem Haupt. Ihre Kinder Ruth, Erika und Hans hatten die Arme fest an den Leib gezogen, als wollten sie sich wärmen, und Günter, Schimons Vater, schien in seinen zerschlissenen, zu kurzen Hosen beinahe zu schwanken. Nur ein wenig Leben glomm in seinen Augen –…
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Episode 15: Ein Junge am Ende seiner Kräfte – Hoffnung auf der Landstraße nach Limburg
Der russische Offizier hob die Hand – ein schlichtes Zeichen, doch es wirkte wie ein Befehl an die Welt, endlich wieder zu atmen. Herr Lontke verstand, richtete sich langsam auf. Kein Schuss fiel. Kein Befehl ertönte. Die Gewehre sanken, einer nach dem anderen. Die Männer in Tarnjacken blieben wachsam, aber sie schossen nicht. Schimon beobachtete, wie die Spannung in Emilies Schultern langsam nachließ. Die Soldaten hatten das Erdloch durchsucht – gründlich, mit kalten Blicken, stählernen Händen. Aber sie hatten nichts gefunden. Nicht die Uniform, die der kleine Günter im Wald entdeckt und heimlich unter einen Balken geschoben hatte. Wäre sie entdeckt worden… Schimon wagte den Gedanken nicht zu Ende zu…
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Episode 14: Der Moment der Entscheidung
Der Schnee war brüchig geworden, feucht und schwer. Er zog sich in schmutzigen Flecken zurück, als wollte er die Spuren der letzten Wochen freilegen. Die Luft roch nach modrigem Holz und tauendem Boden. Schimon stand bewegungslos am Rande einer kleinen Lichtung. Vor ihm: ein Hügel, unauffällig, bedeckt mit Fichtenzweigen, Tannennadeln und morschem Geäst. Niemand wäre auf die Idee gekommen, dass sich darunter Leben verbarg. Doch Schimon wusste es besser. Unter dieser Tarnung kauerten acht Menschen, zusammengepfercht in einem Erdloch, das sie in mühsamer Arbeit mit bloßen Händen und alten Werkzeugen gegraben hatten. Baumstämme bildeten das Dach, darauf Erde, darauf Zweige. Darunter Dunkelheit, Enge und Angst. Ein leises Murmeln drang aus…