08.12.1932 – Gregor Strassers Rücktritt: Wie der Weg für Hitler frei wurde
Am 8. Dezember 1932 liegt eine seltsame Zweiteilung über dem Kontinent. Während in den katholischen Regionen des Reiches die Glocken zum Hochfest Mariä Empfängnis läuten und die Arbeit vielerorts ruht, ringen Diplomaten in Genf bei der Abrüstungskonferenz noch immer um eine Formel für die militärische Gleichberechtigung Deutschlands. Doch während dort international um Frieden und Stabilität verhandelt wird, zerbricht in Berlin in einer Atmosphäre eisiger Unruhe das letzte politische Bollwerk, das eine absolute Machtübernahme Adolf Hitlers noch hätte verhindern können.
Der stille Abgang im Hotel Kaiserhof
Im Berliner Hotel Kaiserhof spielt sich an diesem Vormittag ein Drama ab, das äußerlich unspektakulär wirkt, dessen Konsequenzen jedoch fatal sind. Gregor Strasser, bis zu diesem Tag der Organisationsleiter der NSDAP und der einzige Mann in der Partei mit einer eigenen Machtbasis neben Hitler, gibt auf. Wochenlang hatte er versucht, die Partei in eine Regierungsverantwortung unter Reichskanzler Kurt von Schleicher zu führen und die radikale Bewegung zu spalten, um das Land vor dem Chaos zu bewahren. Doch in einer finalen Auseinandersetzung bezichtigt Hitler ihn des Verrats. Anstatt den Kampf um die Macht in der Partei aufzunehmen, resigniert Strasser. Er tritt von allen Ämtern zurück, hinterlässt einen verbitterten Brief und verlässt die Stadt fluchtartig in Richtung Italien.
Die fatale Weichenstellung
Mit Strassers Rückzug bricht die Strategie der Regierung Schleicher zusammen, die Nationalsozialisten durch Spaltung zu zähmen. Es gibt keinen Aufstand des linken Parteiflügels, keine Zerreißprobe. Hitler übernimmt sofort die alleinige Organisationsgewalt. Was an diesem Tag geschieht, ist die entscheidende Weichenstellung: Der Weg zur Diktatur ist nun intern frei von Widerständen, die Reihen der NSDAP schließen sich bedrohlich eng um ihren Führer. Ein internes Machtvakuum, das Hoffnung auf eine Eindämmung der Radikalen gab, füllt sich augenblicklich mit der totalen Autorität Hitlers.
Was wir aus dem Schweigen lernen
Dieser 8. Dezember führt uns vor Augen, wie fragil politische Barrieren sein können, wenn es am entscheidenden Widerstandswillen des Einzelnen fehlt. Strassers Resignation aus persönlicher Enttäuschung, statt den politischen Kampf zu führen, ebnete dem Totalitarismus den Weg. Es ist eine Mahnung, dass verhängnisvolle Entwicklungen oft nicht durch große Schlachten, sondern durch das stille Zurückweichen derer entschieden werden, die noch hätten Einhalt gebieten können. Kennst Du historische oder aktuelle Situationen, in denen das Schweigen oder der Rückzug einer einzelnen Person den Lauf der Dinge entscheidend zum Negativen verändert hat?
Euer Schimon
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