Schimon

Schmutzige Scheiben und klare Gedanken – danke, Sharan!

Heute Vormittag war ich unterwegs. Ein paar Termine standen an. Und wie so oft habe ich mich in meinen treuen Sharan gesetzt – mein Mini-Camper, mein kleines mobiles Zuhause, mein Reisegefährte auf vier Rädern. Ja, er ist schon etwas in die Jahre gekommen, das gebe ich zu. Aber er läuft. Und ich liebe ihn. Auch wenn er hin und wieder mal in die Werkstatt muss, weil wieder eine Kleinigkeit kaputtgeht – so ist das eben mit alten Freunden.

Als ich heute früh losgefahren bin, stand die Sonne noch relativ tief. Und genau das war der Moment, der mich zum Nachdenken gebracht hat. Denn als das Sonnenlicht auf die Windschutzscheibe fiel, habe ich fast nichts mehr gesehen. Die Scheibe war einfach schmutzig. Nicht komplett verdreckt, aber so, dass das Licht sich in den Ablagerungen gebrochen hat. Es war, als hätte ich den „Durchblick“ verloren.

Tagsüber, wenn’s bewölkt ist, merkt man das oft gar nicht. Man fährt einfach, alles wirkt normal. Aber sobald die Sonne durchbricht – das helle Licht – dann wird plötzlich sichtbar, wie viel sich da angesammelt hat. Und genau das war mein Moment. Ich hab mir gedacht: Wenn die Termine rum sind, dann gönne ich meinem Sharan eine Wäsche. Es wurde Zeit.

Und später, als ich aus der Waschanlage kam, war alles plötzlich ganz klar. Die Scheiben glänzten, die Sicht war frei – und die Welt draußen erschien mir auf einmal in einem anderen Licht. Die Farben waren intensiver. Die Felder, die Bäume, der Himmel – alles wirkte lebendiger. Und ich dachte mir: Wie oft ist das eigentlich im Leben genauso?

Wie oft „fahren“ wir durchs Leben mit einer verschmutzten Scheibe – ohne es zu merken? Weil der Alltag so ist, wie er ist. Weil es „bewölkt“ ist in uns. Weil Sorgen, Stress oder alte Geschichten sich wie ein feiner Film über unser Herz legen. Wir sehen noch, ja. Aber nicht mehr klar. Nicht mehr in Farbe.

Erst wenn das Licht kommt – ein ehrlicher Moment, ein Gespräch, ein Erlebnis, vielleicht auch ein Schabbat – dann merken wir: Hoppla. Da war was. Da ist was zwischen mir und der Welt. Zwischen mir und dem, was mir eigentlich Freude machen könnte.

Für mich war das heute mehr als nur eine Autowäsche. Es war ein kleines Bild fürs Leben. Dass es gut ist, ab und zu mal innezuhalten. Sich ehrlich anzuschauen. Und sich zu fragen: Was vernebelt mir gerade den Blick? Was müsste ich mal abwischen – nicht mit Gewalt, sondern mit Achtsamkeit?

Denn auch das habe ich gespürt: Ich stand draußen, hab zugesehen, wie die Bürsten über meinen geliebten Sharan fuhren. Und ich hatte die Hoffnung, dass alles gutgeht. Dass kein Kratzer reinkommt. Dass er hinterher nur schöner ist – nicht beschädigt. Und so, denke ich, sollten wir auch mit uns selbst umgehen. Wenn wir „uns putzen“. Wenn wir alte Themen anschauen. Wenn wir loslassen oder aufräumen. Behutsam. Mit Liebe. Nicht mit dem Hammer.

Ich wünsche euch heute diesen einen klaren Moment. Vielleicht scheint bei euch ja auch gerade die Sonne durchs Fenster. Dann schaut mal, was ihr seht – und was ihr vielleicht lange nicht gesehen habt.

Peter Winkler ist Aquaponiker, Coach und Blogger. Sein theologisches Studium war die Basis für eine langjährige Tätigkeit in der sozialen Arbeit. Seit 2012 beschäftigt er sich mit der Aquaponik. Durch seine Expertise entstanden mehrere Produktionsanlagen im In.- und Ausland. Mit dem Blog "Schimons Welt" möchte er die Themen teilen, die ihn bewegen und damit einen Beitrag für eine bessere Welt leisten.

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