Unsere Welt von morgen

99 Cent für ein Stück Heimat – Warum der Butterpreis unsere Bauern in den Ruin treibt

Ich stand gestern Nachmittag vor dem Kühlregal im Supermarkt und traute meinen Augen kaum, denn dort leuchtete mir ein Preisschild entgegen, das wie ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten wirkte. Ein Päckchen Markenbutter für 99 Cent. Was für viele Verbraucher im ersten Moment wie ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk in Zeiten der Inflation aussieht, löste in mir augenblicklich ein beklemmendes Gefühl aus. Während wir uns auf das Plätzchenbacken und festliche Menüs freuen, spielt sich hinter den Kulissen der Landwirtschaft ein Drama ab, das existenzbedrohender kaum sein könnte. Es ist paradox, dass wir in einer Zeit leben, in der wir ständig über Nachhaltigkeit und regionale Wertschätzung sprechen, aber gleichzeitig zusehen, wie ein so wertvolles Naturprodukt regelrecht verramscht wird. Dieser Preisverfall ist nicht einfach nur eine Zahl auf dem Kassenzettel, sondern ein direkter Angriff auf die Lebensgrundlage unserer Milchbauern, die gerade jetzt, kurz vor den Feiertagen, nicht wissen, wie es weitergehen soll.

Ein gnadenloser Preiskampf auf dem Rücken der Erzeuger

Die Situation auf den Höfen ist weit dramatischer, als es der kurze Blick in den Einkaufswagen vermuten lässt. Wir müssen uns vor Augen führen, dass die Auszahlungspreise für die Milch seit dem Spätsommer massiv eingebrochen sind. Bekamen die Landwirte noch vor Kurzem gut 51 Cent, rutscht der Preis nun rasant auf die 40-Cent-Marke zu, und Experten befürchten sogar, dass er noch tiefer fallen wird. Das ist für viele Betriebe schlichtweg nicht mehr kostendeckend. Es ist ein toxischer Cocktail aus verschiedenen weltweiten Entwicklungen, der hier zusammenkommt. Da ist zum einen der Handelsstreit mit China, der wie ein Bumerang zurückkommt: Weil Europa Strafzölle auf chinesische Elektroautos verhängt hat, rächen sich die Chinesen mit Zöllen auf unsere Agrarprodukte. Dazu kommt ein starker Dollar und eine weltweite Überproduktion. Besonders bitter ist die Ironie des Schicksals, dass sich die Natur scheinbar gegen die Planungssicherheit stellt. Nachdem die Blauzungenkrankheit im letzten Jahr die Bestände dezimierte und die Milch knapp und teuer machte, haben sich die Bestände erholt, und plötzlich ist viel zu viel Milch auf dem Markt. Dieser Überschuss drückt nun gnadenlos auf den Preis, und die Bauern stehen machtlos vor den Kräften des globalen Marktes.

Wenn Lebensmittel zur Ramschware verkommen

Was mich an dieser Situation besonders wütend macht, ist das Verhalten der großen Einzelhandelsketten. Es scheint, als hätten sie nur darauf gewartet, den Preiskampf neu zu entfachen. Butter ist das klassische Lockmittel, das Zugpferd, um die Kunden in die Läden zu holen. Ein Preis von unter einem Euro für 250 Gramm Butter ist laut Experten das niedrigste Niveau seit über zehn Jahren. Dabei fühlen sich die Landwirte zu Recht so, als würde man ihnen den Boden unter den Füßen wegziehen. Während in unseren Nachbarländern wie den Niederlanden die Preise deutlich stabiler und höher sind, liefern sich die deutschen Supermärkte eine Rabattschlacht, die am Ende nur Verlierer kennt. Es ist scheinheiliges Marketing, wenn Handelsketten in ihren Werbespots von Fairness und Partnerschaft mit der Landwirtschaft sprechen, aber dann die gesunkenen Einkaufspreise nicht nutzen, um die Marge zugunsten der Bauern abzufedern, sondern den Preisdruck ungefiltert durchreichen. Man degradiert ein hochwertiges Lebensmittel zu billiger Ramschware, nur um im Weihnachtsgeschäft die Konkurrenz auszustechen. Das Argument, dass der Verbraucher es ja so wolle, lasse ich nicht gelten, denn oft fehlt einfach das Bewusstsein für die Konsequenzen dieses Billigwahns.

Stille Tränen und Wut

Wenn wir in wenigen Tagen mit unseren Familien die Feiertage genießen, wird in vielen Bauernhäusern in Niedersachsen und ganz Deutschland eine bedrückende Stille herrschen. Ein Experte der Landwirtschaftskammer hat es treffend formuliert: In vielen Familien wird an diesem Fest die alles entscheidende Frage gestellt werden, ob man den Betrieb überhaupt noch weiterführen kann. Das ist keine abstrakte Wirtschaftskrise, das sind persönliche Schicksale. Es geht um Hofnachfolgen, um das Erbe von Generationen und um den Stolz eines Berufsstandes, der uns alle ernährt. Zwar ruft die Politik nun zu Dialogen auf, und Minister Hauk lädt für Januar an den runden Tisch, aber Gespräche allein zahlen keine Rechnungen. Die Frustration ist greifbar, und es wäre nicht verwunderlich, wenn wir bald wieder Traktoren auf den Straßen sehen würden. Denn wenn ein Milchviehbetrieb erst einmal seine Tore schließt und die Kühe verkauft sind, dann kommen sie nicht wieder. Dann verlieren wir nicht nur einen Produzenten, sondern ein Stück unserer ländlichen Kultur und Unabhängigkeit. Wir müssen uns entscheiden, was uns unsere heimische Landwirtschaft wirklich wert ist, bevor es zu spät ist.

Bist du bereit, für deine Butter und Milch wieder einen fairen Preis zu zahlen, wenn du dafür weißt, dass der Bauer in deiner Region davon leben kann, oder greifst du beim Einkauf doch automatisch zum billigsten Angebot? Schreib mir deine ehrliche Meinung unbedingt unten in die Kommentare.

Euer Schimon


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Peter Winkler ist Aquaponiker, Coach und Blogger. Sein theologisches Studium war die Basis für eine langjährige Tätigkeit in der sozialen Arbeit. Seit 2012 beschäftigt er sich mit der Aquaponik. Durch seine Expertise entstanden mehrere Produktionsanlagen im In.- und Ausland. Mit dem Blog "Schimons Welt" möchte er die Themen teilen, die ihn bewegen und damit einen Beitrag für eine bessere Welt leisten.

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