Schimon

Rückkehr nach Kroatien – Inselzeit auf Rab zwischen Leichtigkeit und Erinnerung

Im Sommer 2023 war ich zuletzt in Kroatien – in Rovinj, dieser charmanten Küstenstadt mit engen Gassen, venezianischen Fassaden und mediterranem Licht, das wie ein leiser Trost auf allem lag. Damals saß ich oft am Ufer, schaute aufs Meer und spürte eine tiefe Mischung aus Ruhe, Wehmut und Dankbarkeit. Als ich abreiste, war mir klar: Ich würde zurückkehren. Ich wusste nur nicht, wann und wohin.
Nun, fast zwei Jahre später, fand diese Rückkehr statt. Nicht nach Rovinj, sondern auf die Insel Rab. Und es war keine Reise allein, sondern gemeinsam mit meiner Frau Dany, meiner Schwiegermutter Ursula, Andi, Sabine, Tanja – und natürlich Wilma, unserer portugiesischen Hündin. Ein paar Tage Auszeit, ein Hauch Sommer – aber auch eine Reise in die Vergangenheit. Und zu mir selbst.

Der Start im fliegenden Wechsel

Rückkehr nach Kroatien – Inselzeit auf Rab zwischen Leichtigkeit und Erinnerung
Auf der Fähre zur Insel Rab. Bild: Schimons Welt

Es war Montag, der 2. Juni 2025, als wir aufbrachen. Noch am selben Tag kehrten Dany und ich von einer intensiven Synagogenfreizeit zurück. Auspacken, Auto tanken, Hund versorgen – und gleich wieder Koffer packen. Um Mitternacht fuhren wir los. Zwei Autos, ein gemeinsames Ziel: Rab. Die Strecke führte uns über München, Salzburg, Villach, Ljubljana bis nach Rijeka. Dann die Fähre auf die Insel. Das Meer war ruhig, die Luft warm. Diese Überfahrt wurde zur symbolischen Schwelle: Jetzt beginnt der Urlaub.

Ein Ort, der mich nicht loslässt

Hier kämpften wir damals um unser Überleben. Film: Schimons Welt

Schon auf der Hinfahrt bat ich um einen spontanen Halt. Nördlich von Senj führte ein kleines Schild zum Camp Kozica – ein unscheinbarer Zeltplatz an der Adria. Doch für mich war es ein entscheidender Ort meiner Jugend, den ich in einem Blogartikel über mentale Stärke beschrieben hatte. Hier hatte ich einst bei starkem Wind und hohem Wellengang aus jugendlichem Leichtsinn ein Faltboot ins Meer gesetzt – eine Erfahrung, die mich prägte.
Damals kämpfte ich gegen die Panik und fand mitten in dieser Extremsituation eine innere Ruhe, die mich rettete. Jetzt, Jahrzehnte später, stand ich wieder dort: derselbe Fels, dasselbe Meer – aber ich war nicht mehr derselbe. Ich blieb lange stehen, atmete tief und fühlte Dankbarkeit für die Lektion, die ich damals lernte.
Nicht körperliche Kraft allein, sondern ein bewusstes und ruhiges Erkennen der eigenen Gedanken und Handlungen bringt uns sicher durch kritische Situationen.

Wilma entdeckt das Meer

Rückkehr nach Kroatien – Inselzeit auf Rab zwischen Leichtigkeit und Erinnerung
Wilma unsere Hündin ist völlig auf Dany fixiert. Bei ihr fühlt sie sich geborgen. Bild: Schimons Welt

Unsere Hündin Wilma sorgte auf der Fähre für ein herzerwärmendes Erlebnis. Wir waren zuvor noch nie mit ihr am Meer gewesen und fragten uns oft, was Wilma in ihrer Vergangenheit in Portugal erlebt haben mochte. Gerettet von einer Hilfsorganisation vor der drohenden Tötung, wussten wir nur wenig über ihr früheres Leben. Doch als Dany sie auf der Fähre über den heißen Metallboden trug und Wilma erstmals über die Reling aufs Meer blickte, zeigte sie keine Angst, sondern begann instinktiv, mit den Vorderpfoten Schwimmbewegungen zu machen. Wir mussten herzlich lachen, wussten aber sofort: Wilma musste das Meer von früher kennen. Später, am Strand von San Marino, schwamm sie tatsächlich zum ersten Mal vor unseren Augen im Meer – ein Moment purer Lebensfreude, der uns tief berührte.

Tage, die fließen durften

Rückkehr nach Kroatien – Inselzeit auf Rab zwischen Leichtigkeit und Erinnerung
Die vier Türme von Rab. Bild: Schimons Welt

Die Tage auf Rab verbrachten wir entspannt: Schlenderten durch die Altstadt, genossen Kaffee und Eis, entspannten am Strand. Ein kleiner Unfall – ich rutschte auf einer Steintreppe aus – erinnerte mich daran, dass solche Dinge leider auch im Urlaub passieren können. Darauf hätte ich gerne verzichtet.
Am darauffolgenden Tag entschied ich mich bewusst, mit Wilma in der Ferienwohnung zu bleiben. Mein Bein schmerzte vom Sturz auf der Treppe, das Knie war überdehnt, und auch die verletzte Hand brauchte Ruhe. Diese Stunden allein mit Wilma gaben mir die Möglichkeit, meinem Körper die nötige Erholung zu schenken, und waren zugleich Momente der Ruhe und inneren Sammlung.

Das Lager, das nie verschwinden darf

Rückkehr nach Kroatien – Inselzeit auf Rab zwischen Leichtigkeit und Erinnerung
Namenstafeln erinnern an die verstorbenen Gefangenen. Bild: Schimons Welt

Am Freitag besuchten wir nach einem unbeschwerten Vormittag am Strand die KZ-Gedenkstätte Kampor. Das Lager wurde 1942 während der italienischen Besatzung Jugoslawiens errichtet und diente der Internierung von Slowenen, Kroaten und Juden. Tausende verloren hier unter unmenschlichen Bedingungen ihr Leben. Solche Orte berühren mich tief, jedes Mal aufs Neue – sie lassen mich innehalten und nachdenken über das, was Menschen einander antun können, aber auch über Mut und Menschlichkeit im Angesicht solcher Schrecken. Beim anschließenden Essen am Strand sprachen wir intensiv darüber, wie Antisemitismus und Rassismus noch immer in unserer Gesellschaft existieren und wie wichtig es ist, sich diesen Themen immer wieder bewusst zu stellen. Der extreme Kontrast zwischen der Urlaubsidylle und der bedrückenden Realität der Geschichte war schwer auszuhalten, aber gerade deshalb so bedeutend.

Kamenjak – Steine, Schafe, Stille

Rückkehr nach Kroatien – Inselzeit auf Rab zwischen Leichtigkeit und Erinnerung
Sonnenuntergang auf dem Kamenjak. Bild: Schimons Welt

Am Abend fuhren wir auf den höchsten Punkt der Insel, den Kamenjak. Die Straße führte in engen Serpentinen hinauf, zuletzt über Schotter. Oben angekommen, empfingen uns eine raue Landschaft, Schafe und unzählige kleine Steinmännchen – stille Zeugnisse menschlicher Anwesenheit. Der erwartete spektakuläre Sonnenuntergang blieb hinter Wolken verborgen, doch gerade in dieser stillen Schlichtheit lag eine besondere Schönheit, die uns tief berührte.

Am Frkanj Beach

Mit dem Taxiboot im Hafen von Rab. Film: Schimons Welt

Am Samstag nahmen wir das Taxiboot zur Landzunge Frkanj, gegenüber der Stadt Rab. Im dortigen Restaurant genossen wir schattige Plätze und gutes Essen direkt am Meer. Zurück in Rab, schlenderten wir erneut durch die Altstadt und ließen den Tag auf der Terrasse unserer Ferienwohnung entspannt ausklingen.

Rückkehr zur Rückkehr

Am Sonntag brachen wir früh auf. Die Heimreise dauerte zwölf Stunden, begleitet von kleinen Pausen und wechselndem Wetter. Zuhause erwartete uns kühleres Klima – ein starker Kontrast zur Wärme von Rab. Doch ich brachte etwas Kostbares mit zurück: Einen inneren Frieden, der mich nachhaltig begleitet. Diese Rückkehr nach Kroatien war mehr als Urlaub – es war eine Reise zu mir selbst, zu Erinnerungen, zur Dankbarkeit für die Momente, die uns wirklich prägen.


Jetzt sitze ich zuhause, reflektiere und weiß: Diese Reise wird lange nachwirken. Nicht nur als Erinnerung, sondern als Teil meiner inneren Welt, zu der ich immer wieder zurückkehren werde.

Peter Winkler ist Aquaponiker, Coach und Blogger. Sein theologisches Studium war die Basis für eine langjährige Tätigkeit in der sozialen Arbeit. Seit 2012 beschäftigt er sich mit der Aquaponik. Durch seine Expertise entstanden mehrere Produktionsanlagen im In.- und Ausland. Mit dem Blog "Schimons Welt" möchte er die Themen teilen, die ihn bewegen und damit einen Beitrag für eine bessere Welt leisten.

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