Stark durchs Leben

Wenn die Liebe schläft – Warum wir das Schweigen im Schlafzimmer brechen müssen

Hand aufs Herz: Wann hast Du Deinen Partner oder Deine Partnerin das letzte Mal wirklich angesehen? Ich meine nicht den flüchtigen Blick beim Frühstück oder das organisatorische Nicken, wenn es darum geht, wer heute den Müll rausbringt. Ich meine diesen Blick, der sagt: „Ich sehe Dich. Ich sehe den Mann oder die Frau in Dir, und ich mag, was ich sehe.“ In vielen langjährigen Beziehungen geht genau dieser Blick irgendwann verloren. Wir richten uns gemütlich in unserem Leben ein, bauen uns ein Nest aus Sicherheit und Vertrautheit, und merken gar nicht, wie sich klammheimlich etwas anderes einschleicht: die Stille. Nicht die angenehme Stille der Zweisamkeit, sondern das Schweigen über unsere tiefsten Wünsche und Bedürfnisse. Man sagt oft so leichtfertig, die Liebe sei „eingeschlafen“. Doch wenn wir ehrlich sind, meinen wir damit meist die Sexualität, das Begehren, das Feuer, das uns am Anfang fast verzehrt hat.

Es ist ein Thema, über das wir viel zu selten sprechen, fast so, als wäre es ein Tabu, zuzugeben, dass im Schlafzimmer oft nur noch geschlafen wird. Viele Paare finden sich irgendwann in einer Art Zweckgemeinschaft wieder. Man ist ein eingespieltes Team, beste Freunde vielleicht, aber die erotische Spannung ist gewichen. Ist das der Preis für Sicherheit? Muss man das einfach hinnehmen, weil man ja „nicht mehr zwanzig“ ist? Ich glaube fest daran, dass wir das nicht müssen – und vor allem nicht sollten. Denn Sexualität ist so viel mehr als nur der körperliche Akt. Sie ist eine Form der Kommunikation, eine Brücke zwischen zwei Seelen, die sich ohne Worte verstehen. Wenn diese Brücke einstürzt, verlieren wir einen essenziellen Teil unserer Verbindung. Wir fangen an, uns einsam zu fühlen, obwohl wir nicht allein sind. Diese Sehnsucht nach Berührung, nach dem Gefühl, begehrt zu werden, verschwindet nicht einfach, nur weil wir älter werden oder länger zusammen sind. Sie wird oft nur unter dem Teppich des Alltags begraben.

Den Mut finden, die Komfortzone zu verlassen

Der Weg zurück zueinander beginnt nicht mit artistischen Meisterleistungen, sondern im Kopf und im Herzen. Er beginnt mit dem Mut, das Schweigen zu brechen. Das ist vielleicht der schwerste Schritt: Dem Partner gegenüberzutreten und zu sagen: „Ich vermisse uns. Ich vermisse dich und mich als Liebespaar.“ Das macht verletzlich, ich weiß. Die Angst vor Zurückweisung, die Sorge, den anderen unter Druck zu setzen, sitzt tief. Aber genau dieses Gespräch ist der erste Akt der Intimität. Wir müssen aufhören, darauf zu warten, dass die Lust wie ein Blitz vom Himmel fällt, so wie sie es am Anfang der Beziehung getan hat. In einer langjährigen Partnerschaft ist Lust oft kein Zufall mehr, sondern eine bewusste Entscheidung. Wir müssen sie einladen, ihr Raum geben. Das bedeutet, sich wieder aktiv Zeit füreinander zu nehmen, jenseits von Netflix und Smartphone.

Sich wieder anzunähern, bedeutet oft, das Konzept von Sexualität neu zu definieren. Vielleicht geht es gar nicht mehr um das wilde Abenteuer, sondern um eine tiefe, vertraute Sinnlichkeit. Es geht darum, die Haut des anderen wieder neu zu entdecken, Berührungen auszutauschen, die kein direktes Ziel haben müssen, außer Nähe zu spüren. Wir dürfen lernen, wieder neugierig aufeinander zu sein. Was gefällt Dir heute? Was hat sich verändert? Wir entwickeln uns weiter, unser Körper verändert sich, und damit auch unsere Sexualität. Das ist keine schlechte Nachricht, sondern eine Chance. Es ist eine Einladung, gemeinsam auf eine Entdeckungsreise zu gehen, den Druck rauszunehmen und die Zärtlichkeit wieder in den Mittelpunkt zu stellen. Wer den Mut hat, diese „Zweckgemeinschaft“ aufzubrechen und sich wieder als Mann und Frau zu begegnen, wird oft mit einem zweiten Frühling belohnt, der vielleicht weniger stürmisch ist als der erste, aber dafür umso tiefer und erfüllender. Es ist nie zu spät, die Liebe wieder aufzuwecken – wir müssen uns nur trauen, sie wachzuküssen.

Wie ist das bei Euch? Kennt Ihr dieses Gefühl, dass der Alltag die Leidenschaft erstickt, und was sind Eure Rezepte, um das Feuer wieder zu entfachen? Ich freue mich sehr auf Eure ehrlichen Gedanken in den Kommentaren.

Euer Schimon


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Peter Winkler ist Aquaponiker, Coach und Blogger. Sein theologisches Studium war die Basis für eine langjährige Tätigkeit in der sozialen Arbeit. Seit 2012 beschäftigt er sich mit der Aquaponik. Durch seine Expertise entstanden mehrere Produktionsanlagen im In.- und Ausland. Mit dem Blog "Schimons Welt" möchte er die Themen teilen, die ihn bewegen und damit einen Beitrag für eine bessere Welt leisten.

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