
Der Geschmack des Mittelmeers – wenn Feigen nach Sonne schmecken
Es gibt diese Momente, in denen ein Geschmack sofort eine Erinnerung weckt. Bei mir ist das so mit Feigen. Ich erinnere mich an viele Reisen in den Süden, besonders nach Spanien. Dort, irgendwo abseits der Straße, standen oft alte Feigenbäume. Ich habe einfach angehalten, bin ausgestiegen und habe mir eine Frucht direkt vom Ast gepflückt. Noch warm von der Sonne, weich und saftig. In dem Moment schmeckt die Welt anders. Irgendwie ehrlicher, unmittelbarer, echter.
Feigen haben etwas Zeitloses. Sie sind eine der ältesten Kulturpflanzen überhaupt, seit Jahrtausenden Teil der mediterranen Küche. Und auch in Israel spielen sie bis heute eine besondere Rolle. In der Bibel wird die Feige mehrfach erwähnt, sie steht für Wohlstand und Frieden: „Jeder wird unter seinem Weinstock und unter seinem Feigenbaum wohnen, und niemand wird sie aufschrecken.“ (Micha 4,4) Wer einmal durch Israel reist, sieht sie überall wachsen – an Wegrändern, in Gärten, auf alten Steinterrassen. Sie sind Teil der Landschaft, so wie Oliven und Wein.
Was ich an der mediterranen Küche so liebe, ist diese Mischung aus Einfachheit und Tiefe. Da geht es nicht um aufwändige Zubereitung, sondern um gute Zutaten, Sonne und Zeit. Ein Stück Brot, ein Tropfen Olivenöl, ein wenig Thymian – und plötzlich schmeckt man das Leben. Feigen passen da perfekt hinein. Sie sind süß und weich, aber nie aufdringlich. Und sie lassen sich auf unzählige Arten kombinieren.
Vor einiger Zeit habe ich ein Gericht ausprobiert, das für mich den Geschmack des Mittelmeers einfängt. Es ist einfach, schnell gemacht und bringt dieses Gefühl von Sonne und Meer direkt in die eigene Küche: gebackene Feigen mit Ziegenkäse, Honig und Thymian.
Gebackene Feigen mit Ziegenkäse, Honig und Thymian
Man braucht dafür gar nicht viel, nur gute Zutaten – und ein wenig Ruhe beim Zubereiten.
Ich nehme acht reife Feigen, nicht zu weich, aber schon mit dieser samtigen, tiefvioletten Haut. Ich schneide sie kreuzweise ein, aber nicht ganz durch, sodass sie sich wie kleine Blüten öffnen. Dann kommt ein Stück Ziegenweichkäse hinein, am liebsten einer, der leicht zerfließt, aber noch Struktur hat.
Ein wenig Honig darüber – nicht zu viel, gerade so, dass er sich mit dem Käse verbindet und leicht karamellisiert. Dann frischen Thymian dazu. Das Aroma, das sich beim Backen entfaltet, ist unvergleichlich: süß, würzig, ein Hauch von Sommerkräutern, dazu das warme, erdige Parfum der Feigen.
Ich gebe sie bei 180 Grad für etwa 10 bis 12 Minuten in den Ofen. In dieser Zeit röste ich eine Handvoll Walnüsse in der Pfanne, bis sie duften. Wenn die Feigen fertig sind, streue ich sie darüber, träufle etwas Olivenöl – gern ein israelisches – und gebe ein paar Kristalle Meersalz dazu.
Besonders gut passt dazu frisch gebackenes Fladenbrot. Es nimmt den geschmolzenen Käse, den Honig und die Säfte der Feigen wunderbar auf. Zusammen ist das eine kleine Mahlzeit, die man mit Freunden oder einfach für sich allein genießen kann.
Das Ergebnis ist ein kleines, fast unscheinbares Gericht, das trotzdem Eindruck hinterlässt. Wenn man es serviert, füllt der Duft den ganzen Raum. Und wenn man hineinbeisst, verschmelzen süße Frucht, salziger Käse, Honig und Thymian zu einem Geschmack, der irgendwie nach Urlaub schmeckt.
Feigen sind für mich mehr als nur eine Frucht. Sie sind ein Stück Geschichte. Sie verbinden Länder, Menschen und Kulturen rund ums Mittelmeer. Und jedes Mal, wenn ich sie esse – ob frisch, getrocknet oder gebacken – denke ich an Sonne, an Erde, an diese besondere Ruhe, die der Süden ausstrahlt. Vielleicht ist es genau das, was wir in unserer hektischen Welt manchmal brauchen: ein Stück Einfachheit, das nach Frieden schmeckt.

