Kunst

Die Geschichte eines Bildes – und warum es mich bis heute bewegt

Gestern Abend bin ich noch einmal durch das Wohnzimmer gegangen, bevor ich ins Bett wollte. Es war schon spät, das Licht war gedämpft, und in dieser halben Stille blieb mein Blick an dem alten Ölgemälde hängen, das seit meiner Kindheit an meiner Seite ist. Ich stand davor, länger als sonst, fast so, als hätte das Bild mich gerufen. Und in diesem Moment wusste ich, dass ich heute darüber schreiben möchte. Dass es Zeit ist, diesem Bild eine besondere Form von Leben zu schenken – durch eine neue Animation für „Kunst die bewegt…“, aber auch durch Worte, die all das ausdrücken sollen, was dieses Gemälde für mich bedeutet.

Die Geschichte eines Bildes – und warum es mich bis heute bewegt
Ölgemälde von R. Hahn im Jahr 1934

Es ist ein Ölgemälde von R. Hahn aus dem Jahr 1934. Ich habe es geerbt, damals, als meine Tante Ruth gestorben war. Sie war ein Mensch, der mein Leben geprägt hat wie nur wenige andere. Warmherzig, eigenständig, entschlossen – und jemand, der mich als Kind ernst genommen hat. Sie hatte Bienen, und sie hat mich hineingeführt in diese Welt, die gleichzeitig so leise und so kraftvoll ist. Diese Stunden mit ihr, der Geruch von Wachs, das Summen im Garten und die Faszination eines funktionierenden kleinen Kosmos – all das gehört zu meinen schönsten Kindheitserinnerungen.

Dass ich irgendwann meine Imkerei aufgeben musste, weil ich eine Bienengift-Allergie entwickelt habe, war ein Abschied, den ich lange gespürt habe. Es war wie das Ende eines Kapitels, das mit ihr begonnen hatte. Als sie starb, wollte ich etwas behalten, das mich an sie erinnert. Nichts Großes, nichts, was man erklären muss. Etwas, das ihre Handschrift trägt, ihren Geist, ihre Stille. Und so bat ich mir dieses Bild aus. Ich kenne es seit ich ein kleiner Junge war. Ich bin oft davor gestanden, habe mir die Landschaft angeschaut, die dunklen Farben, die Struktur, den glänzenden Rahmen. Es war eines dieser Bilder, die in einem Raum nicht einfach hängen – sie sind da, und man spürt sie.

Bis heute weiß ich nicht sicher, wer der Künstler wirklich war. Die Signatur verweist auf einen R. Hahn aus dem Jahr 1934. Es gab in dieser Zeit einen Maler mit ähnlichem Namen, doch die Signatur passt nicht zu seinen bekannten Werken. Vielleicht stammt das Gemälde von einer völlig anderen Person, vielleicht von jemandem, der nie bekannt wurde. Und vielleicht ist es gerade dieses Rätsel, das dieses Bild so lebendig hält. Es wirkt wie etwas, das seine eigene Geschichte nicht preisgibt und dennoch Raum schafft, in dem eigene Erinnerungen weiterleben dürfen.

Wenn ich das Bild betrachte, dann sehe ich nicht nur die Szene, die darauf gemalt wurde. Ich sehe meine Tante. Ich sehe mich als Kind. Ich sehe die Jahre dazwischen. Und genau deshalb gehört dieses Gemälde in die Serie „Kunst die bewegt…“. Denn auch wenn die Animation dem Bild heute technisch neues Leben einhaucht, ist es in Wahrheit die Erinnerung, die es zum Schwingen bringt.

Heute Morgen habe ich mich also an den Schreibtisch gesetzt, noch ein wenig müde vom gestrigen Abend, aber klar in der Entscheidung: Dieses Bild bekommt seinen Platz. Ich möchte es mit euch teilen, so wie ich es seit meiner Kindheit mit mir getragen habe. Und vielleicht spürt ihr beim Anschauen des animierten Bildes ein kleines Stück von dem, was es für mich bedeutet. Manchmal sind es die alten Dinge, die uns am stärksten bewegen. Nicht, weil sie groß oder spektakulär wären, sondern weil sie einen Faden in uns berühren, der nie ganz abreißt.

Peter Winkler ist Aquaponiker, Coach und Blogger. Sein theologisches Studium war die Basis für eine langjährige Tätigkeit in der sozialen Arbeit. Seit 2012 beschäftigt er sich mit der Aquaponik. Durch seine Expertise entstanden mehrere Produktionsanlagen im In.- und Ausland. Mit dem Blog "Schimons Welt" möchte er die Themen teilen, die ihn bewegen und damit einen Beitrag für eine bessere Welt leisten.

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