Warum mich die Frage nach Menschlichkeit nicht mehr loslässt
Es gibt Tage, an denen etwas in mir arbeitet, ohne dass ich es gleich benennen kann. Gedanken, die sich festsetzen. Gefühle, die nicht einfach wieder verschwinden. Heute war so ein Tag. Ich habe am Morgen die Nachrichten gelesen – nicht besonders lange, einfach kurz überflogen – und doch sind mir mehrere Schlagzeilen den ganzen Tag nachgegangen. Da war diese Meldung über ein Huthi-Gericht, das siebzehn Menschen zum Tode verurteilt hat, als wären sie Figuren in einem Spiel. Menschen, die erschossen werden sollen, weil irgendein Regime seine Macht demonstrieren will. Und dann die nächste Meldung: eine klare Lüge von Trump über Selenski. Eine Behauptung, die so offensichtlich falsch ist, dass man eigentlich lachen müsste, wenn sie nicht gleichzeitig so bitter wäre. Danach der sogenannte Friedensplan aus Amerika, der wie eine Blaupause aus Moskau klingt. All das ist nicht neu – und trotzdem hat es mich heute getroffen. Weil ich mich gefragt habe, warum wir als Menschheit zu so etwas fähig sind. Wie es sein kann, dass ein Herz, das lieben kann, gleichzeitig zu so viel Unmenschlichkeit fähig ist. Wie beides nebeneinander existiert. Und warum wir das als Gesellschaft hinnehmen, als wäre es das Normalste auf der Welt.
Vielleicht beschäftigt es mich deshalb so sehr, weil ich merke, dass wir aufgehört haben, miteinander zu reden. Wirklich zu reden. Nicht dieses schnelle Hin- und Herwerfen von Meinungen, nicht dieses ständige Bewerten, nicht diese reflexhaften Abgrenzungen. Ich meine ein echtes Gespräch. Ein Zuhören. Ein Verstehenwollen. Eine Begegnung ohne Kampfhaltung. Ich wünsche mir das so sehr – nicht, weil ich glaube, dass wir alle einer Meinung sein müssen, sondern weil ich glaube, dass Menschlichkeit da beginnt, wo wir uns wieder als Menschen erkennen. Mit all unseren Wunden und Hoffnungen. Mit unserer Verletzlichkeit. Mit unserer Sehnsucht, gesehen zu werden.
In den letzten Jahren habe ich hier auf meinem Blog über vieles geschrieben. Über Aquaponik, Nachhaltigkeit, Landwirtschaft, über Zukunftsthemen, Kunst, über Israel, über das Kochen, über persönliche Erlebnisse. Und das wird so bleiben. Das alles gehört zu meinem Leben. Aber ich spüre, dass sich in mir ein Schwerpunkt verändert. Nicht abrupt und nicht radikal. Keine Kehrtwende. Es ist eher wie ein inneres Ziehen. Ein Wunsch, den ich nicht mehr ignorieren möchte. Ich möchte stärker über Menschlichkeit schreiben. Über das, was uns verbindet. Über das, was uns verloren geht. Über das, was wir wiederfinden müssen. Und darüber, wie wir als Gesellschaft und als einzelne Menschen lernen können, menschlich zu bleiben in einer Zeit, in der so vieles unmenschlich wirkt.
Das bedeutet nicht, dass ich meine anderen Themen vernachlässige oder aufgebe. Sie bleiben Teil meiner Welt – und sie werden weiterhin Teil dieses Blogs sein. Aber ich möchte meinen Blick erweitern. Ich möchte darüber schreiben, wie wir wieder ins Gespräch kommen können. Wie wir als Menschen miteinander umgehen. Wie wir Zukunft nicht nur technisch oder politisch, sondern menschlich denken können. Und wie wir uns gegenseitig helfen können, Orientierung zu finden, ohne uns gegenseitig niederzuschreien.
Ich schreibe hier über meine Welt – „Schimons Welt“. Aber jeder von euch trägt eine eigene Welt in sich. Eine Welt, die geprägt ist von Erfahrungen, Überzeugungen, Werten, Enttäuschungen, Wünschen. Und ich würde gerne wissen, wie eure Welt aussieht. Was euch bewegt. Was euch Angst macht. Was euch Hoffnung gibt. Was ihr gerne verändern würdet, wenn ihr könntet. Vielleicht schaffen wir gemeinsam einen Ort, an dem wir voneinander lernen können. Einen Ort, an dem wir über das sprechen, worüber viel zu selten gesprochen wird. Einen Ort, an dem Menschlichkeit wieder Raum bekommt.
Wenn ihr mögt, schreibt mir in die Kommentare. Erzählt mir, wie eure Welt aussieht. Welche Menschlichkeit ihr euch wünscht. Und was ihr – ganz konkret – für eine bessere Zukunft tun wollt oder tun könnt. Vielleicht entsteht aus diesem Austausch etwas Neues. Etwas, das wir alle längst vermissen.
Ich fange heute damit an.
Und ich lade euch ein, mitzugehen.
Euer Schimon


