Aquaponik – Wissen & Anwendungen,  Uncategorized

Die Anfänge der Aquaponik – Eine Reise durch Zeit und Technik

Manchmal hilft ein Blick zurück, um die Zukunft besser zu verstehen. Wenn wir heute über Aquaponik sprechen, denken viele an Hightech-Anlagen, Sensoren, Pumpen und Steuerungen. Doch das Prinzip, das hinter all dem steckt, ist uralt. Die Idee, Fischzucht und Pflanzenanbau in einem Kreislauf zu verbinden, reicht weit zurück – in Zeiten, in denen es noch keine Pumpen, PVC-Rohre oder Strom gab. Die Geschichte der Aquaponik ist damit auch eine Geschichte menschlicher Beobachtung, Anpassung und Kreativität.

Die Anfänge der Aquaponik – Von den Azteken bis zur Hightech-Landwirtschaft

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Die Wurzeln: Von den Azteken bis nach Asien

Einer der frühesten Hinweise auf aquaponische Prinzipien findet sich bei den Azteken in Mittelamerika. Bereits im 13. Jahrhundert legten sie schwimmende Gärten an, sogenannte Chinampas. Diese bestanden aus mit Schlamm und Pflanzenresten gefüllten Flößen, die sie auf flachen Gewässern verankerten. Zwischen den Flößen lebten Fische, deren Ausscheidungen Nährstoffe in das Wasser einbrachten. Diese wurden wiederum von den Pflanzen aufgenommen – ein perfekter Kreislauf. Archäologische Studien (z. B. Morehart & Frederick, 2014) zeigen, dass die Chinampas hochproduktiv waren und eine stabile Nahrungsversorgung ermöglichten, lange bevor Europa von nachhaltiger Landwirtschaft sprach.

Ähnliche Systeme finden sich in Asien. In Teilen von China, Thailand und Indonesien nutzten Bauern seit Jahrhunderten Reisfelder als Kombination von Fischzucht und Pflanzenanbau. Fische wie Karpfen oder Tilapia lebten zwischen den Reispflanzen, fraßen Insekten und düngten gleichzeitig den Boden. Diese frühen Formen der integrierten Landwirtschaft gelten als Vorläufer moderner Aquaponiksysteme. Bis heute wird diese Methode – besonders in Südostasien – in traditioneller Form praktiziert.

Vom Prinzip zur Technologie

Mit Beginn des 20. Jahrhunderts begann die Wissenschaft, diese natürlichen Kreisläufe systematisch zu erforschen. In den 1970er-Jahren entstanden die ersten Versuchsaufbauten, die Fischzucht und hydroponischen Pflanzenanbau technisch miteinander kombinierten. Besonders an der University of the Virgin Islands (UVI) wurde Aquaponik wissenschaftlich untersucht und optimiert. Forscher wie Dr. James Rakocy entwickelten dort Prototypen, die erstmals stabil und skalierbar funktionierten. Sein bekanntes UVI-System gilt bis heute als Grundlage vieler moderner Anlagen.

Parallel dazu begannen in den 1980er- und 1990er-Jahren kleine Forschungsgruppen und Pioniere in Europa, Australien und Nordamerika, mit ähnlichen Konzepten zu experimentieren. Mit dem Aufkommen von LED-Beleuchtung, verbesserten Pumpensystemen und digitaler Sensorik wurde Aquaponik schließlich zu dem, was wir heute kennen: ein komplexes Zusammenspiel aus Biologie, Technik und Kreislaufwirtschaft.

Warum das Alte so modern ist

Spannend ist, dass wir mit der modernen Aquaponik eigentlich zu den Wurzeln zurückkehren – allerdings auf einem höheren technologischen Niveau. Wir greifen das uralte Prinzip der natürlichen Balance wieder auf und kombinieren es mit den Möglichkeiten der Gegenwart. Während die Azteken das System aus Beobachtung und Erfahrung erschufen, nutzen wir heute Sensoren, Messwerte und digitale Steuerungen, um dieselbe Harmonie zu erreichen.

Dabei bleibt der Grundgedanke unverändert: Nichts geht verloren, alles hat seinen Platz im Kreislauf. Genau das macht Aquaponik so faszinierend. Sie verbindet das Beste aus zwei Welten – Natur und Technik – und erinnert uns gleichzeitig daran, dass Fortschritt nur funktioniert, wenn wir verstehen, woher wir kommen.

In den nächsten Artikeln dieser Serie werde ich genauer auf die biologischen Prozesse eingehen – insbesondere auf den Nährstoffkreislauf, der das Herz jeder Aquaponikanlage bildet. Denn dort entscheidet sich, ob ein System stabil läuft – oder aus dem Gleichgewicht gerät.

Quellen und weiterführende Literatur:

Morehart, C. T., & Frederick, C. D. (2014). The Chinampa System of the Basin of Mexico. Journal of Anthropological Archaeology, 36, 1–15.

Rakocy, J. E. (2012). Aquaponics: Integrating Fish and Plant Culture. Aquaculture Production Systems, Wiley-Blackwell.

Somerville, C., Cohen, M., Pantanella, E., Stankus, A., & Lovatelli, A. (2014). Small-scale Aquaponic Food Production: Integrated Fish and Plant Farming. FAO Fisheries and Aquaculture Technical Paper No. 589.

Peter Winkler ist Aquaponiker, Coach und Blogger. Sein theologisches Studium war die Basis für eine langjährige Tätigkeit in der sozialen Arbeit. Seit 2012 beschäftigt er sich mit der Aquaponik. Durch seine Expertise entstanden mehrere Produktionsanlagen im In.- und Ausland. Mit dem Blog "Schimons Welt" möchte er die Themen teilen, die ihn bewegen und damit einen Beitrag für eine bessere Welt leisten.

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