Unsere Welt von morgen

Wenn Straßen zu Stromquellen werden – kabelloses Aufladen auf der A10 in Frankreich

Wie ihr wisst, fahre ich immer noch mit meinem Sharan, den ich sehr liebe. Er ist schon in die Jahre gekommen, aber er läuft immer noch. Ich will ihn so lange fahren, wie es geht – einfach, weil ich denke, dass das nachhaltiger ist, als ständig neue Autos zu kaufen. Trotzdem weiß ich, irgendwann wird der Tag kommen, an dem ich mich nach etwas Neuem umsehen muss. Und ehrlich gesagt, ich bin gespannt, wie weit die Technik bis dahin sein wird. Vielleicht braucht man dann gar keine Ladesäulen mehr. Keine erzwungenen Pausen, kein Suchen nach Steckdosen – einfach fahren. Genau das könnte bald Realität werden.

Eine Autobahn, die Energie liefert

In Frankreich, südwestlich von Paris, passiert gerade etwas, das die Welt der Mobilität verändern könnte. Auf einem Abschnitt der Autobahn A10 wurde das weltweit erste System in Betrieb genommen, das Elektrofahrzeuge während der Fahrt kabellos auflädt. „Charge as you drive“ nennt sich das – ein unscheinbarer Name für eine riesige Innovation. Unter der Fahrbahn sind Induktionsspulen eingelassen, die Strom an vorbeifahrende Fahrzeuge übertragen, ganz ohne Kabel oder Stecker. So, wie ein Smartphone auf einer Ladestation liegt – nur eben in Bewegung, mit tonnenschweren Lkw auf der Überholspur.

The Future of EV Charging: Wireless Roads for a Zero-Emission World

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Das Ganze ist kein Zukunftsroman, sondern ein reales Pilotprojekt unter der Leitung von VINCI Autoroutes und dem israelischen Technologieunternehmen Electreon. Unterstützt wird es von der Gustave-Eiffel-Universität, VINCI Construction und weiteren Partnern.

Die Kraft unter dem Asphalt

1,5 Kilometer Teststrecke – das klingt erstmal überschaubar. Doch was dort passiert, ist revolutionär. Das System kann über 300 Kilowatt Spitzenleistung liefern, mehr als doppelt so viel, wie ein voll beladener Lkw auf dieser Strecke braucht. Damit zeigt sich, dass diese Technologie nicht nur funktioniert, sondern auch das Potenzial hat, den Güterverkehr völlig neu zu denken.

Was mich beeindruckt: Die Technik ist nicht theoretisch. Sie wurde zwei Jahre lang intensiv getestet – mit Schwerlastwagen, Bussen und Pkw, unter echten Bedingungen. Sogar die Lebensdauer der Straße wurde simuliert: 25 Jahre Schwerlastverkehr in wenigen Wochen. Das Ergebnis: keine Schäden, keine Überhitzung, keine Störung.

Der Gedanke dahinter – weniger ist mehr

Das Spannende ist, dass Fahrzeuge dadurch mit viel kleineren Batterien auskommen könnten. Wer unterwegs geladen wird, braucht keine gigantische Energiereserve mehr mit sich herumzutragen. Das spart Gewicht, Rohstoffe, Kosten – und Energie. Ein E-Lkw, der während der Fahrt lädt, könnte am Ende sogar mit mehr Energie ankommen, als er beim Start hatte.

Und das verändert alles. Es macht Elektrofahrzeuge günstiger, leichter und nachhaltiger. Gleichzeitig verringert sich der CO₂-Ausstoß beim Bau der Batterien. Das klingt nach einem echten Gamechanger – besonders, wenn man bedenkt, dass der Straßenverkehr für ein Drittel der Treibhausgase in Frankreich verantwortlich ist.

Der Blick nach vorn

Frankreich will bis 2035 ein 9.000 Kilometer langes Netz solcher elektrischen Straßen aufbauen. Und ehrlich gesagt: Ich hoffe, dass auch Deutschland bald den Mut hat, in diese Richtung zu gehen. Stell dir das mal vor – du fährst über die Autobahn, dein Auto lädt sich ganz nebenbei, und du denkst nicht mehr über Reichweite oder Ladesäulen nach. Das wäre echte Freiheit.

Natürlich, bis dahin ist es noch ein Weg. Aber das war es bei jeder großen technischen Revolution. Das Auto selbst, das Internet, erneuerbare Energien – alles begann mit einem Versuch, einer Teststrecke, einer Idee.

Vielleicht wird mein alter Sharan eines Tages durch ein Auto ersetzt, das leise über so eine intelligente Straße gleitet, geladen von unsichtbarer Energie unter dem Asphalt. Und vielleicht denke ich dann an diesen Moment zurück, an die Zeit, in der alles begann – auf der A10, irgendwo in Frankreich.

Bild: Fotoarchiv VINCI Autoroutes – Caroline Gasch

Peter Winkler ist Aquaponiker, Coach und Blogger. Sein theologisches Studium war die Basis für eine langjährige Tätigkeit in der sozialen Arbeit. Seit 2012 beschäftigt er sich mit der Aquaponik. Durch seine Expertise entstanden mehrere Produktionsanlagen im In.- und Ausland. Mit dem Blog "Schimons Welt" möchte er die Themen teilen, die ihn bewegen und damit einen Beitrag für eine bessere Welt leisten.

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