
Sicherheitsgarantien sind kein Kinderspiel – was die Ukraine wirklich braucht
Seit Tagen verfolge ich die Verhandlungen rund um den Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Auch die vielen Diskussionen, die gerade in den Medien geführt werden, lassen mich nicht los. Besonders ein Gedanke hat sich in den letzten Tagen in den Vordergrund gedrängt: Sollte es tatsächlich zu einem Friedensabkommen zwischen dem Aggressor Putin und der Ukraine kommen, dann kann das nur funktionieren, wenn es Sicherheitsgarantien gibt, die Russland ein für alle Mal davon abhalten, das Land erneut anzugreifen. Alles andere wäre ein Aufschub, kein Frieden. Wir haben aus den vergangenen Jahren gelernt, dass sich Russland an keine Verträge hält und die Weltgemeinschaft nur zuschaut, wenn Putin Abmachungen bricht. Die UNO wirkt in dieser Hinsicht wie ein zahnloser Tiger. Völkerrecht und internationale Verträge scheinen für den Kremlchef keine Rolle zu spielen. Es gibt keine echten Konsequenzen, wenn er macht, was er will. Also frage ich mich: Würden Sicherheitsgarantien Russland überhaupt abschrecken? Und wie müssten sie aussehen, damit ein Frieden langfristig gesichert werden könnte?
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Frieden ist noch in weiter Ferne
Bevor man über Sicherheitsgarantien spricht, muss man ehrlich feststellen: Der Krieg in der Ukraine tobt noch. Jeden Tag gibt es Angriffe, Tote, Zerstörung. Eigentlich steht gar nicht zur Debatte, ob Putin einen Frieden will. Sein erklärtes Ziel war von Beginn an, Präsident Selenskyj abzusetzen, die Ukraine zu „entnazifizieren“ und letztlich das ganze Land in das russische Reich einzugliedern. Die jüngsten Entwicklungen sprechen nicht dafür, dass er von diesem Ziel abgerückt ist. Im Gegenteil: Nach den Verhandlungen in Alaska hat Russland die Kriegsbemühungen sogar noch einmal verstärkt. Die russische Seite lehnt zudem die Stationierung ausländischer Truppen in der Ukraine kategorisch ab. Damit wird klar: Sicherheitsgarantien sind im Hier und Jetzt noch kein Thema, sondern erst in dem Moment, in dem überhaupt ein Frieden möglich wird.
Und doch erscheint es mir wichtig, gerade jetzt über diese Frage nachzudenken. Denn wenn irgendwann ein Friedensvertrag auf dem Tisch liegt, darf es keinen Raum für Illusionen geben. Dann muss der Plan realistisch sein und eine echte Abschreckung enthalten. Nur so hätte ein Frieden überhaupt die Chance, mehr zu sein als eine kurze Atempause.
Was es heute schon gibt
Die Ukraine hat in den vergangenen Monaten mit vielen Staaten bilaterale Sicherheitsabkommen geschlossen. Besonders hervorzuheben sind die Vereinbarungen mit den USA, Deutschland und dem Vereinigten Königreich. Diese Abkommen laufen über zehn Jahre und sehen fortgesetzte Unterstützung in Form von Waffenlieferungen, Ausbildung, Geheimdienstkooperation, Aufbau einer eigenen Rüstungsindustrie und auch die Fortführung von Sanktionen gegen Russland vor. Aber – und das ist entscheidend – sie sind keine Verteidigungspakte nach dem Muster von Artikel 5 der NATO. Niemand hat sich verpflichtet, automatisch Truppen in die Ukraine zu entsenden, sollte Russland erneut angreifen.
Auch die NATO selbst hat reagiert und mit NSATU, einer Koordinationsplattform für Ausbildung und Sicherheitshilfe, die Unterstützung auf neue Beine gestellt. Das ist ein wichtiger Schritt, schafft Strukturen und Verlässlichkeit, ersetzt aber eben keine Mitgliedschaft mit echten Beistandsrechten. Was auf dem Papier wie eine Sicherheitsgarantie aussieht, ist also in Wahrheit ein politisches Bekenntnis. Die Glaubwürdigkeit dieser Zusagen wird sich erst daran messen lassen, wie schnell und zuverlässig Waffen geliefert, Abwehrsysteme stationiert und Rüstungsprojekte umgesetzt werden.
Europas Dilemma
Gerade in Deutschland zeigt sich, wie schwierig das Thema ist. Viele Menschen haben Angst, in diesen Krieg hineingezogen zu werden. Die Bundeswehr ist überlastet, es fehlt an Personal und Material. Und doch führt kein Weg daran vorbei: Wenn Europa Frieden und Sicherheit wirklich ernst nimmt, dann muss es bereit sein, mehr zu tun, als nur Absichtserklärungen zu unterschreiben. Garantien, die im Ernstfall nichts wert sind, schrecken Putin nicht ab. Nur eine sichtbare militärische Stärke, eine verlässliche industrielle Basis und der Wille, im Ernstfall konsequent zu handeln, können die Abschreckung schaffen, die die Ukraine braucht.
Ich frage mich, ob die Politik in Europa bereit ist, diese Last zu tragen. Oder ob wir uns wieder auf das Prinzip Hoffnung verlassen, so wie damals beim Budapester Memorandum oder bei Minsk. Damals war es der Glaube an Papier, heute muss es mehr sein. Vielleicht liegt der Schlüssel in der Verbindung von langfristiger Unterstützung und einer klaren Botschaft: Wir lassen nicht zu, dass noch einmal ein Angriffskrieg vom Zaun gebrochen wird.
Es geht am Ende nicht nur um die Ukraine. Es geht um die Zukunft einer ganzen Ordnung, die davon abhängt, ob Verträge und Vereinbarungen noch einen Wert haben. Frieden braucht nicht nur Unterschriften, er braucht Kraft, Glaubwürdigkeit und die Bereitschaft, für Werte einzustehen. Nur dann können Sicherheitsgarantien mehr sein als Worte – und vielleicht das Fundament für einen dauerhaften Frieden in Europa.
