Podcast,  Schimon

Bürokratie im Gesundheitssystem – Manche Arztpraxen stecken in der Steinzeit fest

Manchmal sind es nicht die großen politischen Debatten um unser Gesundheitssystem, die einen wirklich zur Weißglut treiben. Es sind die kleinen, alltäglichen und vollkommen unnötigen Reibungsverluste, die uns Angehörige, die wir uns um unsere Eltern kümmern, an den Rand der Verzweiflung bringen. Es geht um Papier, um Fax und um einen Mangel an Logik, der in der heutigen Zeit einfach nicht mehr zu erklären ist. Wer seine Eltern im Alter begleitet, weiß, wie viel Koordination und Verwaltungsaufwand mit Arztbesuchen und medizinischen Notwendigkeiten verbunden ist. Man ist nicht nur Sohn oder Tochter, man wird unfreiwillig zum Terminmanager, Apotheken-Logistiker und – wie ich kürzlich feststellen musste – zum Kurier zwischen zwei Arztpraxen.

Fax statt Fortschritt – Warum unser Gesundheitssystem an sich selbst scheitert

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Die Situation war klar: Mein Vater, der Probleme mit seinen Füßen hat, war beim Hausarzt, der ihn zum Facharzt – dem Hautarzt – überwies. Soweit, so normal. Der Hautarzt verschrieb eine Behandlung, die dreimal täglich das Eincremen und einen Verband erforderlich machte. Dreimal täglich. Als arbeitender Angehöriger ist das schlichtweg nicht leistbar. Also die naheliegendste Lösung: Der Pflegedienst soll es übernehmen. Ein Anruf beim Hausarzt bestätigte: Ja, das ist kein Problem, aber dafür braucht er eine Anordnung vom Hautarzt – ein Attest mit genauer Diagnose und Therapieanweisung. Das ist der Verwaltungsweg. Gut, dachte ich, das ist ja schnell geregelt. Beim Hautarzt rief ich an, schilderte die Situation und bat um das notwendige Attest. Die Antwort ließ mich zum ersten Mal stutzen: „Ja, wir können ein Attest ausstellen, aber der Hausarzt muss eine Anforderung per Fax schicken.“ Per Fax. Ich frage mich wirklich, in welchem Jahrzehnt ich gerade gelandet bin. Ich übermittelte die bizarre Anweisung an die Hausarztpraxis. Die Reaktion dort war – wenig überraschend – geprägt von fassungslosem Widerwillen: „Muss ich jetzt ernsthaft extra ein Fax schreiben? Ich rufe da jetzt persönlich an!“

Digitalisierung im Gesundheitswesen: Ein absurder Hürdenlauf

Der kurze Anrufversuch der Arzthelferin aus der Hausarztpraxis endete in einem administrativen Fiasko. Sie meldete sich bei mir zurück: „Herr Winkler, das war ganz komisch. Die beharren darauf. Obwohl ich angerufen und alles erklärt habe – Patient bekannt, die Anweisung ist klar – sie brauchen ein Fax.“ Die Dame war aufgelöst, legte frustriert auf und machte sich widerwillig daran, diesen unnötigen Zettel in ein Gerät zu stecken, das heute eigentlich nur noch in Geschichtsbüchern stehen sollte. Der Bericht kam einen Tag später an. Aber die Frage, die mir seither unter den Nägeln brennt, ist: Wie kann das sein? Dieser Facharzt arbeitet in einer nagelneuen, hochmodernen Praxis, einem großen Zentrum mit modernster Ausstattung. Trotzdem wird hier auf ein Kommunikationsmittel beharrt, das technisch und administrativ völlig veraltet ist. Das ist nicht nur ineffizient, es wirft auch ernste Fragen zum Datenschutz auf. Ein Faxgerät spuckt irgendwo einen Zettel mit hochsensiblen Patientendaten aus. Wer läuft da vorbei? Ich bezweifle stark, dass das heute noch datenschutzkonform sein kann.

Verwaltungschaos: Warum die „Praxis in den Praxen“ uns alle wertvolle Zeit kostet

Diese bizarre Fax-Forderung hat drei Parteien unnötig Zeit und Nerven gekostet. Mich als Angehörigen, der durch die Gegend telefoniert und seine wertvolle Zeit in sinnlose Bürokratie investiert hat. Die Hausarztpraxis, deren Arzthelferin Zeit mit einem Telefonat verschwenden musste, das ergebnislos blieb, und dann widerwillig ein Fax tippen und versenden musste. Und selbst der Facharzt hat unnötigen Verwaltungsaufwand, weil das Fax entnommen- und bearbeitet werden muss, anstatt dass eine Arzthelferin die Bitte direkt in die digitale Akte oder ein modernes System eingetragen hätte. Die Telefonleitungen waren blockiert, es gab Verwirrung, es gab unnötige Arbeit. All das für ein Stück Papier, das auch sicher, digital und in Sekundenschnelle hätte übermittelt werden können. Dieses Erlebnis hat mich unglaublich aufgeregt und beschäftigt. Es sind genau diese „alten Zöpfe“ und dieser unbegreifliche Widerstand gegen moderne Verwaltungsstrukturen, die unser Gesundheitssystem von innen heraus lähmen. Das ist kein politisches Problem, das in Berlin gelöst werden muss – es ist ein Problem, das in jeder einzelnen Praxis beginnt und ganz schnell abgestellt werden könnte! Ein modernes Verwaltungssystem, das sichere, digitale Kommunikation zwischen Hausarzt und Facharzt ermöglicht, wäre die Lösung. Es würde Zeit sparen, Nerven schonen und die Ressourcen in den Praxen entlasten. Es ist doch absurd: Wie kann eine moderne Gesellschaft, in der wir Videoanrufe über Kontinente führen, noch immer auf ein Gerät setzen, das in den 80er-Jahren seine Blütezeit hatte? Ich bin der festen Überzeugung: Solange wir solche hausgemachten, ineffizienten Hürden nicht beseitigen, wird sich unser Gesundheitssystem nicht spürbar verbessern. Es ist an der Zeit, dass wir als Patienten und Angehörige diesen absurden Zustand nicht länger hinnehmen. Es ist Zeit, dass in unseren Arztpraxen der Hausverstand und moderne Technik über die Bürokratie des Faxgerätes siegen. Was sind Deine Erfahrungen? Kennst Du auch solche Beispiele, wo Dich ein überholter Verwaltungsweg in den Wahnsinn getrieben hat? Teile es mir in den Kommentaren mit!

Peter Winkler ist Aquaponiker, Coach und Blogger. Sein theologisches Studium war die Basis für eine langjährige Tätigkeit in der sozialen Arbeit. Seit 2012 beschäftigt er sich mit der Aquaponik. Durch seine Expertise entstanden mehrere Produktionsanlagen im In.- und Ausland. Mit dem Blog "Schimons Welt" möchte er die Themen teilen, die ihn bewegen und damit einen Beitrag für eine bessere Welt leisten.

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