Warum immer mehr kleine Molkereien verschwinden – und was das mit uns allen zu tun hat
Manchmal sitze ich vor diesen nüchternen Zahlen aus der Landwirtschaft und merke, wie sie in mir etwas auslösen. Nicht wegen der Statistik selbst, sondern wegen der Geschichte, die dahintersteckt. Die aktuellen Daten zur Molkereistruktur in Deutschland sind wieder so ein Beispiel. Offiziell geht es um Produktionsmengen von Konsummilch, Butter, Käse oder Milchpulver. Aber wenn man einen Moment länger hinschaut, erkennt man ein viel größeres Bild – eines, das sich seit Jahrzehnten durch alle Branchen zieht.
In den letzten drei Jahren wurden in Deutschland fast 400.000 Tonnen weniger Konsummilch produziert. Acht Molkereien haben die Herstellung eingestellt. Und gleichzeitig wachsen die großen Betriebe weiter, verarbeiten mehr Milch pro Standort und produzieren größere Mengen Käse und Butter als je zuvor. Zahlen, die auf den ersten Blick wie reine Marktbewegungen aussehen. Wenn ich aber einen Schritt zurückgehe, sehe ich darin denselben Mechanismus, den wir überall beobachten können: Die Großen werden größer, die Kleinen verschwinden.
Ich erlebe das nicht nur als jemand, der die Landwirtschaft liebt, sondern auch als jemand, der auf dem Land großgeworden ist. In meiner Kindheit in Schwabbach gab es zwei kleine Tante-Emma-Läden. Heute gibt es dort einen Metzger, einen Bäcker – und sonst nichts mehr, außer einen großen Lidl-Markt und einen Rossmann-Drogeriemarkt. Das, was damals selbstverständlich war, hat sich nicht mehr gerechnet. Und im Grunde passiert gerade genau dasselbe im Milchsektor. Weniger Molkereien, aber jede verarbeitet mehr Milch. Weniger Sammelstellen, aber größere Mengen, die über längere Strecken transportiert werden. Der Trend ist eindeutig: Konzentration.
Wenn ich darüber nachdenke, wirkt das alles wie ein natürlicher Nebeneffekt der Globalisierung. Aber eigentlich ist es tiefer als das. Es hat mit unserem Verständnis der freien Marktwirtschaft zu tun. Ein System, das theoretisch allen dieselben Chancen gibt, praktisch aber dazu führt, dass nur die Stärksten überleben. Und wer sind die Stärksten? Die, die die besten Preise verlangen können. Die, die mit ihrer Marktmacht bestimmen, was ein Liter Milch kosten darf. Kleine Landwirte oder kleine Molkereien haben in diesem Spiel kaum eine Chance, wenn sie sich internationalen Importeuren oder riesigen Konzernen gegenübersehen, die ihre Einkaufspreise diktieren.
Und wenn ich den Bogen noch weiter spanne, dann ist das Ganze Teil eines noch größeren Problems: Die Vermögensschere geht weiter auf. Die Reichen werden reicher, die Armen ärmer. Und die Mitte kämpft damit, überhaupt Schritt zu halten. Das ist kein abstrakter Gedanke – man sieht es überall: im Einzelhandel, in der Energiebranche, in der Landwirtschaft, im Transportwesen, in der Lebensmittelproduktion. Überall verschwindet die Vielfalt der kleinen Betriebe, überall wachsen die großen Strukturen. Am Ende bleiben ein paar riesige Anbieter übrig, die den Markt vollständig kontrollieren.
Aber ich glaube nicht, dass wir dieser Entwicklung völlig ausgeliefert sind. Genau hier kommt der Punkt, der mir wichtig ist: Wir haben als Verbraucher mehr Einfluss, als uns oft bewusst ist. Ich habe heute auf meinem Blog schon darüber geschrieben. Wir können entscheiden, wo wir einkaufen. Wir können direkt beim Landwirt um die Ecke Milch und Käse kaufen, frische Eier, Joghurt, Fleisch. Wir können die Strukturen stärken, die wir uns eigentlich wünschen: regional, transparent, fair. Niemand zwingt uns, alles beim billigsten Anbieter im Supermarkt zu holen. Wir müssen nur anfangen, anders zu denken – und dann auch anders zu handeln.
Vielleicht ist das am Ende die wichtigste Erkenntnis aus diesen Milchzahlen: Sie zeigen uns, wie sich unsere Welt verändert. Und gleichzeitig zeigen sie uns, dass wir die Möglichkeit haben, gegen diesen Trend anzusteuern. Nicht mit großen politischen Reden, sondern mit unseren eigenen Entscheidungen im Alltag.
Mich interessiert, wie du das siehst. Spürst du diese Veränderung auch? Kaufst du bewusst regional ein – oder ist das für dich eher schwierig? Und was denkst du: Können wir als Gesellschaft die Vielfalt der kleinen Betriebe überhaupt noch retten? Schreib mir gerne unten in die Kommentare. Ich freue mich auf den Austausch mit dir.
Dein Schimon


