Corona im Herbst – warum Gelassenheit jetzt die beste Medizin ist
Es ist schon fast Routine geworden: Kaum werden die Tage kürzer, tauchen wieder Schlagzeilen über neue Corona-Varianten auf. Diesmal heißt der Übeltäter „Stratus“, oder wissenschaftlich korrekt XFG. Manche nennen ihn sogar „Frankenstein“. Ein Name, der sich gut verkauft – aber mehr mit Boulevard als mit Wissenschaft zu tun hat.
Ich habe mich in die aktuellen Zahlen und Einschätzungen eingelesen. Nicht, weil ich Panik verspüre, sondern weil ich verstehen will, was da gerade passiert. Und ehrlich gesagt: Wer sich die Fakten anschaut, merkt schnell, dass Aufregung hier fehl am Platz ist.
Ein Virus lernt, wir auch
Dass sich das Virus weiterentwickelt, ist nichts Neues. Stratus ist eine Mischung aus zwei älteren Linien – ein ganz natürlicher Vorgang. Solche Rekombinationen gehören zur Evolution von Viren. Was auffällt: Diese Variante hat es geschafft, sich besser zu verbreiten. Das klingt zunächst bedrohlich, ist aber typisch für Viren, die überleben wollen – sie werden meist ansteckender, aber nicht gefährlicher.
Laut Robert Koch-Institut tragen rund 80 Prozent der positiv getesteten Menschen aktuell diesen Typ. Das klingt viel, ist aber kein Grund zur Sorge. Denn die Zahl der tatsächlichen Erkrankten liegt deutlich unter den Werten der vergangenen Jahre. Im Oktober 2020 zählten wir über 7.000 Neuinfektionen – an einem Tag. Heute sind es etwa 6.400 Fälle in einer ganzen Woche. Das ist ein gewaltiger Unterschied.
Husten, Heiserkeit, Halsschmerzen
Viele berichten derzeit von rauen Kehlen und Heiserkeit. Medien sprechen vom „Rasierklingen-Hals“. Klingt dramatisch, verkauft sich gut – ist aber wissenschaftlich nicht belegt. Heiserkeit, Halsschmerzen, Fieber – all das begleitet uns jeden Herbst, egal ob bei Grippe oder anderen Erkältungsviren.
Vielleicht ist es einfach wieder diese Jahreszeit, in der wir uns daran erinnern, wie anfällig unser Körper ist – und wie gut er sich doch erholen kann. Ein heißer Tee, ein ruhiger Abend, eine gute Suppe – manchmal ist das die beste Medizin.
Die Weltgesundheitsorganisation stuft XFG als „Variante unter Beobachtung“ ein – nicht mehr. Es gibt keine Hinweise auf schwerere Verläufe oder neue Symptome. Auch die Impfungen wirken weiterhin zuverlässig gegen schwere Krankheitsverläufe. Kurz gesagt: Wer geimpft ist, bleibt gut geschützt. Wer krank wird, erlebt meist milde Symptome.
Ich erinnere mich noch an die ersten Monate der Pandemie. Diese Unsicherheit, das ständige Abwägen – darf ich jemanden treffen, soll ich die Eltern besuchen? Heute ist die Situation eine andere. Wir haben gelernt, mit diesem Virus zu leben. Wir wissen, wie wir uns schützen können. Und wir wissen auch, dass Angst kein guter Begleiter ist.
Ein gelassener Blick nach vorn
Wenn ich in diesen Tagen durch die Stadt gehe, sehe ich kaum noch Masken. Stattdessen sehe ich Menschen, die wieder zusammenrücken, lachen, reden, reisen. Das tut gut. Vielleicht ist das die wichtigste Lektion nach all den Jahren: Leben findet immer statt – auch mit einem Virus im Hintergrund.
Gelassenheit ist keine Gleichgültigkeit. Sie ist das Vertrauen, dass wir gelernt haben, mit Veränderungen umzugehen. Und dass unser Körper, unsere Gesellschaft, unser ganzes System robuster ist, als wir manchmal glauben.
Vielleicht ist das der wahre Fortschritt in dieser Herbstzeit: Wir reagieren nicht mehr reflexartig mit Angst, sondern mit Vernunft. Und genau das ist ein gutes Zeichen.


